Positionspapier der Studierendenvertretung der Technischen Hochschule Ingolstadt zum Eckpunktepapier der Hochschulreform

Forderungen

  1. Einbeziehung aller Statusgruppen in sämtliche Entscheidungsprozesse
  2. Keine Gestaltung von Studiengängen unter Missachtung des Bologna-Prozesses
  3. Schwerpunkt auf Lehre und Forschung vor Transfer und Wirtschaftskooperation
  4. Gebührenfreies Studieren auf gesamter internationaler Ebene
  5. Finanzielle Absicherung der Hochschulen durch ein Kontrollgremium, welches den Haushalt mitverantwortet
  6. Budget zur Verbesserung von Lehre und Studium
  7. Veröffentlichung der Qualitätsberichte
  8. Förderung von Unternehmensgründungen ohne Einschränkung des Lehrbetriebs
  9. Wir fordern verfasste Studierendenschaften inklusive einer eigenen Rechtspersönlichkeit

Erweiternde Forderungen

  1. Ausbau des Teilzeitangebots von Studiengängen
  2. Anpassung der im Hochschulgesetz festgelegten Prüfungsformen und -zeiträume
    I. Prüfungsformen
    II. Prüfungszeiträume
  3. Die Verpflichtung der Hochschulen zur Nachhaltigkeit (ökologisch und gesellschaftlich) in Infrastruktur und Strategie.
  4. Die Verpflichtung der Hochschulen zur Förderung von Gleichstellung, Diversität und Ermöglichung des Studiums und Arbeiten mit jeder Form von psychischer und physischer Einschränkung durch geeignete Maßnahmen.

Das Eckpunktepapier zur Reform des Bayerischen Hochschulrechts verschreibt sich einer Neuausrichtung zu mehr Ökonomie und autonomer Machtverhältnisse. Wir Studierenden bilden den größten und damit einen essenziellen Teil der Hochschullandschaft, werden bei der groß gedachten Umstrukturierung im Eckpunktepapier jedoch wenig bedacht. Wir sind die zukünftigen Akademiker, die die Gesellschaft formen. Es ist unumgänglich unsere Meinungen, Werte und Vorstellungen von genau dieser Zukunft wertzuschätzen. Deshalb sollten wir gestärkt und unsere Forderungen berücksichtigt werden.

Forderungen

1. Einbeziehung aller Statusgruppen in sämtliche Entscheidungsprozesse

Wir als Studierendenvertretung der Technischen Hochschule Ingolstadt treten für eine Einbindung aller Statusgruppen in allen relevanten Entscheidungsprozessen ein.

Bei sämtlichen Beschlüssen, die die Lehre und das Studium personell, strategisch, infrastrukturell und finanziell betreffen, soll die Meinung der Studierenden (entsprechend Art. 138 Abs. 2 der bayerischen Verfassung) gehört und berücksichtigt werden.

Zur Förderung eines demokratischen Geistes innerhalb der Gesellschaft ist es notwendig, diesen im Kleinen und Bekannten, wie der Hochschule, auszuleben. Auch unser Bildungswesen muss weiterhin diese Werte verkörpern. Wir sehen das in der aktuellen Version des Eckpunktepapiers nicht gewährleistet.

Als ein Beispiel sei dabei die geplante, interne Neuordnung der Hochschulen (siehe Punkt E) genannt, die wir in der Form des Eckpunktepapiers ablehnen. Es wird ausschließlich der Hochschulrat benötigt, um die Organisationssatzung einer Hochschulen zu entwerfen. In diesem ist mit nur zwei studentischen Vertretern die Meinung der Studierenden nicht ausreichend vertreten.

Zudem ist die Studierendenvertretung nach dem aktuellen Eckpunktepapier auch nicht Teil der gesetzlich vorgegebenen Gremienstruktur.

Die explizite Nicht-Erwähnung der Studierendenvertretung (oder auch der wissenschaftlichen Mitarbeiter) lässt eine mögliche Schwächung von Statusgruppen erkennen.

Der Zusatz, dass die gewählte Organisationssatzung einschränkungsfrei gestaltet werden kann, verhärtet diesen Verdacht.

Auch die Idee eines hochschulinteren Entwicklungsplans (siehe Punkt D) folgt nach dem Eckpunktepapier keinen demokratischen Grundsätzen. Der Plan kann nach aktuellem Stand von dem/der Präsident*in alleine erstellt werden, ohne durch andere Statusgruppen ratifiziert zu werden.

Wir können nicht erkennen, inwieweit dies einer durch alle Statusgruppen der Hochschule getragenen Weiterentwicklung zuträglich sein soll.

Auch die Ideen zur Novellierung des Berufungsverfahrens zeichnen sich nicht durch die Wahrung demokratischer Grundsätze aus.

Die in Punkt H angesprochene Möglichkeit mit einem konkreten Berufungsangebot an Bewerber heranzutreten, ohne, dass alle Gremien gehört wurden, entspricht nicht unseren Vorstellungen.

2. Keine Gestaltung von Studiengängen unter Missachtung des Bologna-Prozesses

Der Bolognaprozess gibt den Rahmen für europaweit einheitliche Studiengänge vor. Auch in Zukunft sollen sich die zutreffenden Studiengänge an bayrischen Hochschulen an diesen Rahmen halten. Insbesondere soll von der Abschaffung europaweit anerkannter Abschlüsse in bestehenden Studiengängen, sowie von der Neuschaffung von Studiengängen mit hochschulspezifischen oder bayernspezifischen Abschlüssen, abgesehen werden.

Die staatliche Einvernehmenspflicht für neue Studiengänge und Studiengangsänderungen soll erhalten bleiben.

Aktuell beteiligte Gremien (wie Fakultätsräte und Senat) sollen weiterhin bei Änderung von Studiengängen eingebunden werden.

3. Schwerpunkt auf Lehre und Forschung vor Transfer und Wirtschaftskooperation

Der Schwerpunkt der Hochschulen soll auch weiterhin auf der Lehre und Forschung liegen. Der Transfer und die Kooperation in die Wirtschaft soll nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Die aus dem aktuellen Eckpunktepapier hervorgehende Fokussierung der Hochschulen auf Wirtschaftskooperation und unternehmerische Tätigkeiten, spiegelt jedoch nicht die Schwerpunkte Lehre und Forschung wieder.

4. Gebührenfreies Studieren auf gesamter internationaler Ebene

Wir setzten uns für ein gebührenfreies Studium ein, sowohl für deutsche, europäische als auch internationale Studierende. Nur so kann die Chancengleichheit gewährleistet und eine Förderung der sozialen Ungleichheit verhindert werden.

Punkt B) des Eckpunktepapiers fordert Gleichstellung, Vielfalt und Internationalisierung, ermöglicht aber gleichzeitig eine Gebührenerhebung gegenüber Nicht-EU-Studierenden. Dies widerspricht sich.

5. Finanzielle Absicherung der Hochschulen durch ein Kontrollgremium, welches den Haushalt mitverantwortet

Die Freigabe von Budget- und Haushaltsplänen erfordert vor allem in der Körperschaftslösung verschärfte Kontrollstrukturen. Die Verantwortung des Budgets muss geklärt sein. Dies dient auch zur Überprüfung der staatlichen Mittel, die Hochschulen zur Verfügung gestellt werden.

Wir setzen uns für ein Kontrollgremium ein, das Haushaltspläne kontrolliert und mitverantwortet.

Ein vollständiges “globales Budget” an einer Hochschule im Zusammenhang mit einer eventuellen Abschaffung der Fakultäten unterstützen wir nicht.

6. Budget zur Verbesserung von Lehre und Studium

Wir fordern ein zweckgebundenes und an der Anzahl der Studierenden orientiertes Budget als dauerhaftes Äquivalent zu den aktuellen Studienzuschüssen. Über die Verwendung dieser Mittel sollen wir Studierende paritätisch mitentscheiden.

7. Veröffentlichung der Qualitätsberichte

Über die Lehre und Hochschulen allgemein erstellte Qualitätsberichte sollen nach Abschluss vollständig veröffentlicht werden.

8. Förderung von Unternehmensgründungen ohne Einschränkung des Lehrbetriebs

Wir halten die direkte wirtschaftliche Beteiligung der Hochschulen an Unternehmensausgründungen für kritisch, da diese zu Zielkonflikten zwischen wirtschaftlichen und staatlichen Interessen führen.

Sollten sich Professor*innen an Gründungen beteiligen, muss insbesondere der uneingeschränkte Lehrablauf gewährleistet sein. Wenn Ressourcen der Hochschule den Unternehmen zur Förderung zur Verfügung gestellt werden, müssen Lehre und Forschung uneingeschränkt bleiben.

9. Wir fordern verfasste Studierendenschaften inklusive einer eigenen Rechtspersönlichkeit

Die Studierendenschaften müssen als Körperschaft im Gesetz vorgesehen sein. Sie sollen ein eigenes Budget sowie die Verwaltungshoheit über dieses Budget erhalten.

Für aktive Gremienarbeit muss die Möglichkeit eines (ebenfalls BAföG-geförderten) Zusatzsemesters/Zusatzjahrs gegeben sein. (Maximalverlängerung um zwei Semester)

Erweiternde Forderungen:

1. Ausbau des Teilzeitangebots von Studiengängen

Eine Erweiterung des Teilzeitangebotes muss als Ergänzung zum Vorhaben des Weiterbildungsausbaus erfolgen. Um Chancengleichheit zu garantieren, dürfen einkommensschwache Gruppen nicht außer Acht gelassen werden. Die Kosten für eine Weiterbildung ist für viele nicht tragbar und das Streben nach kostenfreier Bildung sollte in diesem Bereich mehr Beachtung finden. Ein erweitertes Teilzeitangebot fördert ein Studium neben dem Beruf gerade beim Mittelstand und stärkt den Exzellenzgedanken.

2. Anpassung der im Hochschulgesetz festgelegten Prüfungsformen und -zeiträume

I. Prüfungsformen

Mit Voranschreiten der Digitalisierung gewinnt Flexibilität immer mehr an Bedeutung. Zulassungsverfahren für neue Prüfungsformen bedürfen mehr Zeit, als der technische Fortschritt bietet. Es ist notwendig, dass sich Hochschulen agiler und autonomer an neue Standards anpassen können. Zulassungsverfahren gegenüber dem Ministerium müssen daher verschlankt werden.

II. Prüfungszeiträume

Es entsteht im Falle eines Nicht-Bestehens von Modulen eine Doppelbelastung in der nächsten Prüfungsphase, welche sich in weitere Semester fortträgt. Die Festlegung eines zusätzlichen Prüfungszeitraums zu Beginn des Semesters fördert eine zeitnahe Festlegung des Studienfortschritts.

3. Die Verpflichtung der Hochschulen zur Nachhaltigkeit (ökologisch und gesellschaftlich) in Infrastruktur und Strategie.

Wir wollen Punkt B) III. des Eckpunktepapiers erweitern und Nachhaltigkeit nicht nur als Orientierung aufnehmen, sondern als Verpflichtung. Hierzu zählt nicht nur ökologische, sondern auch gesellschaftliche Nachhaltigkeit. Die Hochschulen sollen hier als Vorbild dienen und Nachhaltigkeit vollumfänglich leben.

4. Die Verpflichtung der Hochschulen zur Förderung von Gleichstellung, Diversität und Ermöglichung des Studiums und Arbeiten mit jeder Form von psychischer und physischer Einschränkung durch geeignete Maßnahmen.

Punkt B) III. des Eckpunktepapiers umfasst unter anderem die Gleichstellung, welche in dem Eckpunktepapier Hochschulrechtsreform unzureichend behandelt wird. Der Auftrag der Gleichstellung muss Ungleichheiten zwischen Geschlechtern, sexueller Orientierung, Religionen, Ethnien, Herkunft, Kultur und psychische und/oder physischer Beeinträchtigung allumfänglich behandeln. Hierfür wird Inklusion, statt Integration zur zentralen, sozialen Aufgabe der Hochschulen.

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