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Gemeinsame Position von Studierenden und Wissenschaftler*innen in Bayern

– Vision einer bayerischen Hochschullandschaft 4.0 –

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Zusammenfassung

Mit der geplanten Hochschulrechtsnovelle, die voraussichtlich Anfang 2021 beschlossen werden soll, wird die vierte große Änderung am Bayerischen Hochschulgesetz seit seiner Einführung 1973 vollzogen. Die bayerischen Hochschulen sehen sich der Herausforderung gegenüber auch in Zeiten stark gewandelter Rahmenbedingungen Orte für herausragende Forschung und qualitativ hochwertige Studienangebote sein zu können. Wir begrüßen daher die generelle Absicht das Bayerische Hochschulgesetz zu modernisieren, dabei notwendige neue Leitlinien aufzunehmen und Bewährtes beizubehalten.

Dieses Dokument ist eine gemeinsame Positionierung der LAK Bayern, dem Zusammenschluss aller bayerischen Studierendenvertretungen, sowie dem Landesverband Wissenschaftler in Bayern, der bayerischen Vertretung des akademischen Mittelbaus, zu dieser Reform. In diesem werden die Forderungen, Anregungen und Wünsche der Landesverbände von 400.000 Studierenden und über 30.000 wissenschaftlichen MitarbeiterInnen an das Bayerische Hochschulgesetz zusammengefasst und so eine Vision für die bayerische Hochschullandschaft der Zukunft entwickelt. Als Kurzüberblick über unsere umfangreiche Vision finden Sie im Folgenden eine Zusammenfassung der Schwerpunkte:

  • Erarbeitung der Organisationssatzung in einem demokratisch legitimierten, paritätisch besetzten Hochschulkonvent anstatt im Hochschulrat
  • Festlegung von verbindlichen Leitlinien für die Organisationssatzung, Festschreibung der Existenz von Kollegialorganen sowie beschlussfassenden und -ausführenden Gremien auf allen Ebene der Hochschulen, unabhängiges Kontrollorgan für die Hochschulleitung
  • gesetzlich garantierte Beteiligung aller Statusgruppen an der Erarbeitung und Beschlussfassung der Zielvereinbarungen
  • Erhalt der Fächervielfalt für den Kulturstaat Bayern
  • Gleichstellungs- und Diversitätsförderung durch das Kaskadenmodell
  • Festschreibung einer handlungsfähigen Landesstudierendenvertretung im Hochschulgesetz
  • Schaffung von attraktiven, familienfreundlichen Arbeitsbedingungen an den Hochschulen, verlässliche Karriereplanung für den Mittelbau, Einrichtung von Karrierezentren, Entfristung von Stellen
  • Erhalt der staatlichen Struktur der Hochschulen, echtes Optionsmodell für Körperschaften (Wechsel vom Opt-Out- zum Opt-In-Modell)
  • Studierendenwerke als Sozialpartner der Studierenden wertschätzen, Verdrängung durch private Anbieter verhindern
  • differenzierte Betrachtung der „unternehmerischen“ Hochschule, Ablehnung einer pauschalen und undifferenzierten Ökonomisierung der Hochschulen, Begrüßung der Gründungsförderung für interessierte Hochschulangehörige

  • Chancen der Digitalisierung in der Lehre nutzen, globales Lehrdeputat fair verteilen, Einheit von Lehre und Forschung gemäß dem Humboldt’schen Bildungsideal sicherstellen
  • Beschleunigung von Berufungsverfahren unter Beibehaltung der Statusgruppen-Beteiligung sowie der Qualitätssicherung, Aufwertung der Lehre bei Berufungsentscheidungen
  • Gebührenerhebungsmöglichkeiten gefährden die Internationalität der bayerischen Hochschulen, strikte Ablehnung von Studiengebühren für Nicht-EU-AusländerInnen
  • klimaneutrale Hochschulen bis 2030, finanzielle Mittel für die Transformation notwendig
  • gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen durch Transfer stärken
  • Glaubwürdigkeit der Hochschulen nach innen und außen sicherstellen

Alle diese Forderungen werden in den folgenden Kapiteln ausführlich dargestellt und argumentativ unterlegt. Wir hoffen mit diesem Papier einen offenen Dialog über die Chancen und Risiken dieser Gesetzesreform zu initiieren und freuen uns auf Ihre Rückmeldung.

Ein Hochschulgesetz für die Zukunft

Die Hochschulen im Freistaat Bayern sind bereits jetzt hervorragende Lehr- und Forschungseinrichtungen. Neben der Leistungsstärke der einzelnen Hochschule tragen auch die hohen Qualitätsstandards des gesetzlichen Rahmens maßgeblich zum Erfolg vor Ort bei.

Die letzte große Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes fand im Jahr 2006 und somit vor über 14 Jahren statt. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Rahmenbedingungen der Hochschullandschaft massiv durch Digitalisierung, Internationalisierung und die zunehmende Inter- und Transdisziplinarität der Wissenschaften gewandelt, sodass strukturelle Veränderungen in manchen Bereichen notwendig geworden sind. Wir begrüßen die generelle Absicht durch ein innovatives Hochschulgesetz den Bedürfnissen der Hochschulen in der heutigen Zeit gerecht zu werden und diese fit für die Herausforderungen der Zukunft zu machen. Unter dem Leitbild der größtmöglichen Freiheit sollen die Eigenverantwortung der Hochschulen gestärkt, die Talente und Kompetenzen der Hochschulmitglieder gefördert sowie die hohe Dynamik und Innovationskraft der bayerischen Hochschulen ausgebaut werden.

Diese Ziele sollen laut dem Eckpunktepapier des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst durch eine „maximale Verschlankung und Deregulierung” des Hochschulgesetzes erreicht werden. Hier kann man leicht in die Falle des „Deregulierungparadoxons” tappen: Es wird suggeriert, dass die Hochschulen nur durch die „Befreiung” von gesetzlichen Regelungen ihr maximales Potenzial entfalten können und aktuell durch überbordende Regelungswut förmlich „gefesselt” seien. Das Gegenteil ist der Fall: Ein hochwertiges Hochschulgesetz verliert sich nicht in der Kleinteiligkeit der hochschulinternen Governance. Es gibt aber dennoch die großen Leitlinien vor, garantiert die Beteiligung aller Statusgruppen an den hochschulinternen Prozessen, fördert damit die Akzeptanz von Entscheidungen und spannt einen Rahmen für die Entfaltung der Hochschulen. Es sichert somit Qualitätsstandards und Qualitätssteigerung auf allen Ebenen. Unser Verständnis eines starken Hochschulgesetzes beruht auf dem grundgesetzlich verankerten Bildungsauftrag und der Fürsorgepflicht des Staates für seine Hochschulen.

Im Folgenden möchten wir unseren Beitrag zum Gelingen der Gesetzesnovellierung leisten und in den folgenden Abschnitten die gemeinsame Vision der Studierenden sowie des akademischen Mittelbaus einer demokratischen und verantwortungsbewussten, aber zugleich dynamischen und innovativen Hochschullandschaft darlegen.

Hochschulen als Leuchttürme gelebter Demokratie

Binnendemokratische Strukturen

Die Hochschulen stellen in ihrer herausragenden Position als Dreh- und Angelpunkt des gesellschaftlichen Fortschritts einen essenziellen Baustein gelebter Demokratie dar. Einer ihrer Erfolgsfaktoren ist ihre binnendemokratische Gremienstruktur, die es allen Statusgruppen erlaubt an der Selbstverwaltung der Hochschule zu partizipieren und Verantwortung zu übernehmen. Die Bedeutung der Gremienstruktur hat sich nicht zuletzt im Sommersemester 2020 gezeigt, in dem die Hochschulen durch die Corona-Pandemie vor enormen Herausforderungen standen. Durch die intensive und kollegiale Zusammenarbeit aller Statusgruppen in den Gremien konnte das Semester dennoch erfolgreich bewältigt werden. Von allen Seiten wurde die gute Zusammenarbeit sowohl zwischen Hochschulleitung und Gremien als auch zwischen den einzelnen Statusgruppen und dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst betont und gelobt.

Es sollte nicht der Fehler begangen werden, diese enge Zusammenarbeit als einmaliges Novum zu verstehen. Hochschulen sind dann besonders erfolgreich, wenn es ihnen gelingt alle Statusgruppen an ihren Entscheidungen zu beteiligen und man gemeinsam Verantwortung übernimmt: Egal, ob es um die Qualitätssicherung bei der Besetzung von neuen Professuren, die Qualität der Lehre oder die Ausarbeitung von Studienordnungen geht, die Beteiligung aller Statusgruppen in den Gremien ist stets von hoher Bedeutung und führt durch den Input wechselseitiger Perspektiven zu ganzheitlich gedachten und nachhaltigen Entscheidungen. Um dennoch gleichzeitig effiziente und schnelle Entscheidungen treffen zu können, ist eine auf Arbeitsteilung beruhende Gremienarbeit unerlässlich. Im Fakultätsrat wird fachwissenschaftlicher Input generiert, der Senat befasst sich mit der hochschulweiten Perspektive des Beschlusses und die Hochschulleitung achtet darauf, dass die Ausarbeitungen in Kongruenz zur Gesamtstrategie der Hochschule stehen. Die Gremien, als unterschiedliche Arbeitsstufen, stellen daher nicht – wie von manchen in der Hochschullandschaft dargestellt – ein Hindernis dar. Sie sind vielmehr eine Bereicherung für die gesamte Arbeit an einer Hochschule und sichern sowohl die innerfachliche wie auch die gesamtinstitutionelle Qualität der gefassten Beschlüsse. Eine Top-Down-Struktur würde nicht nur die Qualität der Entscheidungen verringern, sondern auch Frustration aller Beteiligten und Abkehr von der Identifizierung mit der eigenen Hochschule hervorrufen.

Ein Faktor der Identifikation ist auch ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis auf allen Ebenen der Hochschule, für das wir uns einsetzen. Um die Diversität der Hochschulmitglieder in ihren Gremien abzubilden, möchten wir die Nutzung des sogenannten Kaskadenmodells anregen. Dieses Modell wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG 2017) entwickelt, um Gleichstellungsziele in Berufungsverfahren dauerhaft zu berücksichtigen. Der Gedanke dieses Modells kann aus unserer Sicht auch in die Gremienstruktur der Hochschulen übertragen werden. Es besagt, dass sich das Geschlechterverhältnis, das innerhalb der Mitglieder einer Struktur herrscht, auch in den Gremien dieser Struktur widerspiegeln soll. Das Geschlechterverhältnis innerhalb der Fakultät wäre damit die Zielmarke für die Zusammensetzung des Fakultätsrats. Hierbei ist zu beachten, dass unterrepräsentierte Geschlechter nicht geschwächt werden und auch nicht-binäre Geschlechter angemessene Berücksichtigung finden. Durch hochschuleigene Steuerungsprozesse soll diese Zielmarke für alle Gremien erreicht werden. Dazu wird die Entwicklung in regelmäßigen Zyklen evaluiert und durch einen öffentlich einsehbaren Gleichstellungsbericht dokumentiert.

Organisationssatzung

Das neue Bayerische Hochschulgesetz bildet die Gremienstruktur, wie sie aktuell besteht, nicht mehr zwingend ab. Eine einheitliche Handhabung, geschweige denn eine Vergleichbarkeit zwischen den Hochschulen, soll es nach dem Eckpunktepapier des Staatsministeriums nicht mehr geben. Stattdessen darf sich nun jede Hochschule frei nach ihren Wünschen entfalten, Gremien neu strukturieren und sich eine sogenannte Organisationssatzung geben.

Innovationen in Gremien durch Neustrukturierungen können große Chancen bieten. Sie schaffen die Möglichkeiten auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren und können die eigene Profilbildung der Hochschulen voranbringen. Im Kontext der neuen Flexibilität der Gremienstruktur durch eine hochschuleigene Organisationssatzung wäre auch eine Einführung einer Studiendekanin/eines Studiendekans aus dem akademischen Mittelbau oder einer studentischen Vizepräsidentin/eines studentischen Vizepräsidenten möglich. Beides sind innovative Ansätze, um unsere Statusgruppen stärker an der Gestaltung der Hochschule zu beteiligen, die aber aktuell durch das Bayerische Hochschulgesetz ausgeschlossen werden. Die Organisationssatzung der Hochschule wird in Zukunft eine sehr große Rolle für ihre interne Governance spielen. Deshalb sollte zum einen ein besonderer Fokus auf den Entstehungsprozess dieser Satzung gelegt werden, zum anderen müssen verbindliche Leitlinien und demokratische Mindeststandards zur Definition und auch Begrenzung des Gestaltungsspielraums für die einzelnen Hochschulen im Hochschulgesetz vorgegeben werden.

Bei der Entstehung dieser Organisationssatzung müssen alle Statusgruppen der Hochschulfamilie grundlegend beteiligt werden, sie darf keine „Wünsch dir was”-Zusammenstellung der Hochschulleitung sein, sondern muss kollegial aus der Hochschule selbst heraus entstehen. Für diese überaus bedeutsame Aufgabe ist es in unseren Augen erforderlich ein eigenes Gremium – den Hochschulkonvent – einzurichten. Dieser stellt durch die paritätische Besetzung die Einbindung aller Statusgruppen sicher und verhindert die Majorisierung von Minderheiten. Dies widerspricht auch nicht der verfassungsrechtlich garantierten ProfessorInnenmehrheit bei grundlegenden Entscheidungen über Forschung und Lehre, da der Hochschulkonvent keine dauerhaften Befugnisse in diesen Fragestellungen hat und sich nach dem Erlass der Organisationssatzung auflöst. Für den Beschluss der Organisationssatzung halten wir ein Quorum von zwei Drittel aller Stimmen für notwendig, um hierdurch eine breite Legitimation innerhalb der Hochschule nachweisen zu können und somit die nötige hohe Akzeptanz für die neue Hochschulstruktur zu schaffen.

Weiterhin werden verbindliche Leitlinien für die Erstellung der Organisationssatzung benötigt. Diese müssen sich im neuen Bayerischen Hochschulgesetz wiederfinden und so Vertrauen in das neue System schaffen. Es muss festgeschrieben werden, dass es auf jeder Ebene einer Hochschule ein beschlussfassendes und ein beschlussausführendes Organ gibt. Diese Organe müssen die Statusgruppen gleichberechtigt abbilden. Um der Wissenschaftsfreiheit Genüge zu tun, sollen die VertreterInnen der Professorenschaft bei grundlegenden Entscheidungen über Forschung und Lehre weiterhin die Majorität besitzen. Während die operative Leitung und Außenvertretung einer Hochschule, wie auch im Eckpunktepapier vorgesehen, durch die Hochschulleitung erfolgt, ist es in unseren Augen ebenso erforderlich, dass an jeder Hochschule ein zentrales Gremium zur Kontrolle der Exekutive, wie es aktuell durch den Hochschulrat der Fall ist, existiert. Ebenso essenziell sind zentrale Gremien für wichtige Aufgaben, wie z.B. Lehre und Studium, Forschungs- und Strategiefragen, wissenschaftlicher Nachwuchs oder wissenschaftliches Fehlverhalten, die verbindlich im Gesetz vorzusehen sind.

Zielvereinbarung und Entwicklungsplan

Neben der Neustrukturierung innerhalb der Hochschulen zieht sich das Wissenschaftsministerium von der Fach- und Rechtsaufsicht auf eine reine Rechtsaufsicht zurück. Die einzigen inhaltlichen Bindeglieder zwischen dem Freistaat Bayern und seinen Hochschulen sollen nach dem Eckpunktepapier in Zukunft die Zielvereinbarung und der Hochschulentwicklungsplan sein. Die Erarbeitung der Zielvereinbarung sowie des Hochschulentwicklungsplans ist im Bayerischen Hochschulgesetz aktuell nicht weiter geregelt, was in der Praxis zu äußerst heterogenen und teilweise auch intransparenten Entstehungsprozessen dieser für die strategische Ausrichtung der Hochschulen essenziellen Dokumente führt. In den meisten Fällen wird der Senat nur über die Entscheidung der Hochschulleitung in Kenntnis gesetzt, auch der Hochschulrat nimmt nur im Nachgang Stellung. Bayern ist in diesem Punkt ein klares Schlusslicht in der deutschen Hochschullandschaft, werden doch in allen anderen Bundesländern die Senate mindestens beratend einbezogen, oftmals sogar auch als Entscheidungsträger eingesetzt (DHV 2019). Hier muss ein echter und deutlicher Wandel vollzogen werden. Die Beteiligung der Statusgruppen an der Ausarbeitung des Entwicklungsplans und der Zielvereinbarungen ist im Kontext einer Stärkung der Hochschulautonomie zwingend erforderlich und muss nun endlich verbindlich im Hochschulgesetz festgehalten werden.

Landesstudierendenvertretung

Neben der hochschulinternen Struktur, in der die Studierendenvertretung einen festen Bestandteil darstellt, ist auch die landesweite Vernetzung und Zusammenarbeit der Studierenden von besonderer Bedeutung. Seit mehr als 20 Jahren findet diese auf freiwilliger und konsensualer Ebene in der Landes-ASten-Konferenz Bayern statt, deren Delegierte aus allen Landesteilen Bayerns demokratisch durch die jeweiligen Studierendenvertretungen der Hochschulen gewählt werden. Die LAK Bayern nimmt zu aktuellen hochschulpolitischen Themen Stellung, vertritt die Studierenden in ihren fachlichen, wirtschaftlichen und sozialen Belangen auf Landesebene und pflegt die Beziehungen zu Studierendenvertretungen anderer Bundesländer. Die LAK Bayern bekennt sich klar zu ihrem hochschulpolitischen Mandat und sieht sich als konstruktiver Kooperationspartner für die Hochschulverbünde sowie das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Die bayerischen Studierendenvertretungen schätzen ihren Landesverband als Austausch- und Vernetzungsplattform und möchten diesen in der derzeitigen Zusammensetzung und Struktur beibehalten.

In der Bayerischen Verfassung ist die Beteiligung der Studierenden an den Hochschulen im Artikel 138 Absatz 2 besonders hervorgehoben. Vor diesem Hintergrund ist die Aufnahme einer Landesvertretung der Studierenden in das neue Hochschulgesetz ein starkes Signal zur Wertschätzung dieser ehrenamtlichen Arbeit und sichert die Einbindung der Belange der Studierenden auch auf Landesebene. Mit Sorge betrachten wir aber die zunehmenden Tendenzen einer strikten Regulierung dieser Vertretung. Angefangen bei der von uns abgelehnten Bezeichnung als Landesstudierendenbeirat, die den Vertretungsauftrag und die Signifikanz der studentischen Mitbestimmung in der Hochschulpolitik nur unzureichend abbildet und bei den bayerischen Studierendenvertretungen zu großer Irritation geführt hat, bis hin zu genauen Vorgaben zur Zusammensetzung des Vorstandes. Dies steht in unseren Augen im starken Widerspruch zum Deregulierungscharakter der Novelle. Wir möchten an den Gesetzgeber appellieren lediglich die Rahmenbedingungen für den Landesverband im Hochschulgesetz zu definieren. Dazu gehören die Notwendigkeit einer demokratischen Legitimation ihrer Mitglieder und ein unmittelbares Delegiertenmodell, welches die gleichberechtigte Partizipation aller Studierendenvertretungen in Bayern garantiert. Darüber hinaus soll die Landesstudierendenvertretung die Möglichkeit erhalten, ihre Zusammensetzung und Arbeitsweise eigenverantwortlich per Geschäftsordnung zu regeln.

Zweifellos kann man sagen, dass demokratische Strukturen als effektive Kontrollmechanismen fungieren, die essentiell zum Erhalt und der Verbesserung der Qualität in Forschung und Lehre beitragen und die Glaubwürdigkeit der Hochschulen erhalten. Eine Schwächung der Gremien hat in jedem Fall einen Vertrauens- und Akzeptanzverlust zur Folge. Unabhängig davon sind Überlegungen anzustreben, wie man die Gremienstruktur modernisieren und Entscheidungsüberschneidungen vermindern kann. Die Devise „Vier Augen sehen mehr als zwei“ als Sinnbild für die Gewaltenteilung muss aber über dem Ziel der „Maximalen Verschlankung und Deregulierung“ der Hochschulrechtsnovelle stehen.

Hochschulen als Arbeitgeber – Hochschulen in Verantwortung

Körperschaften

Gute Lehre und Forschung entstehen nur im Kontext guter und gesicherter Arbeitsbedingungen und im vertrauensvollen und respektvollen Umgang miteinander. Hierfür sind sowohl für befristetes als auch entfristetes Personal gleichermaßen eine durchdachte Personalentwicklung, frühere Sicherheit in der Karriereplanung, verstärkte Personalvertretungsrechte – umsetzbar z.B. durch einen wissenschaftlichen Personalrat – und insbesondere auch bessere Familienfreundlichkeit unverzichtbar.

Im Rahmen der Novellierung des Hochschulgesetzes sollen die Hochschulen, die aktuell sowohl staatliche Einrichtungen als auch Körperschaften sind, aus ihrer Rolle als staatliche Einrichtungen entlassen werden. Während diese Stoßrichtung zuvor für alle Hochschulen verbindlich vorgegeben werden sollte, ist nach starker Kritik der Hochschulverbünde im aktuellen Eckpunktepapier nur noch von einer Optionslösung die Rede. Dies ist ein guter Kompromiss, um die verschiedenen Bedürfnisse der einzelnen Hochschultypen abzubilden. Kunst- und Musikhochschulen haben andere Schwerpunkte und Strukturen als Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder Universitäten. Dennoch spricht das Eckpunktepapier davon, dass die Hochschulen, die keine Änderung ihrer Rechtsstellung anstreben, dies aktiv innerhalb einer Frist erklären müssen (Opt-Out), was die Stoßrichtung dieser Umwandlung deutlich macht. Die Entscheidung für oder gegen eine reine Körperschaft auf Basis eines Opt-In-Modells erachten wir dagegen als deutlich zielführender. Die Änderung der Rechtsstellung sollte mit einem aktiven Willensakt einhergehen. Dies entspricht auch stärker dem Ausnahmecharakter des Art. 138 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung, der die staatliche Struktur der Hochschulen zum Regelfall erklärt.

Die Entscheidung über die Rechtsform der Hochschulen hat direkte Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse aller Hochschulmitglieder und bestimmt damit maßgeblich die Qualität der Hochschulen als Arbeitgeber. Aufgrund der Doppeleigenschaft als staatliche Einrichtungen profitieren die Beschäftigten der Hochschulen z.B. vom automatischen Ausgleich von Tarifsteigerungen sowie der Nutzung von Dienstwohnungen des Freistaates. Das Staatsministerium, vertreten durch die jeweilige Ministerin/den jeweiligen Minister, leistet außerdem in seiner Eigenschaft als Dienstherr über die Beschäftigten an den Hochschulen in Bayern bedeutsame Arbeit. Aufgrund der Vielfalt der bayerischen Hochschulen besitzt das Staatsministerium einen weitläufigen Blick über die „Probleme und Sorgen” der Beschäftigten und kann mit seinem Querschnittswissen die hohe Qualität des Freistaates als Arbeitgeber aufrechterhalten. Auch die Anstellungsverhältnisse in den Hochschulen sind nicht frei von Hierarchien, besonders deutlich wird dies an der naturgemäß engen Abhängigkeit im Rahmen eines Promotionsverhältnisses. Daher ist es bei aller gelebten Kollegialität vor Ort immer wichtig, dass eine übergeordnete Stelle zur Problemlösung existiert. Das Staatsministerium hat in unseren Augen seine Funktion als ausgleichende Kontrollinstanz bei Personalproblemen jederzeit mit Umsicht und dem nötigen „Fingerspitzengefühl” wahrgenommen. Aus unserer Sicht ist es unverständlich, warum an diesem Erfolgsmodell Hand angelegt werden soll.

Abseits der Beschäftigungsverhältnisse ist die Frage der Rechtsform auch maßgeblich für das Verhältnis der Hochschulen zum Staat. So gehören Hochschulen, die sich für die Rechtsstellung der „reinen“ Körperschaft des öffentlichen Rechts entscheiden, lediglich der mittelbaren Staatsverwaltung an. Sie sind daher staatlichen Zielen und Vorgaben nur noch eingeschränkt verpflichtet. Es kann daher passieren, dass Hochschulen, die keine staatlichen Einrichtungen mehr sind, mit Verweis auf ihre autonome Stellung parlamentarische Anfragen aus dem Landtag nicht oder nur noch unvollständig beantworten. Ebenso könnten Hochschulen mit Verweis auf die Körperschaftstellung z.B. ihre Anstrengungen zum Erreichen der Klimaziele des Freistaates Bayern einstellen. Auch die gebührenfeie Überlassung von Hochschulgebäuden, die aktuell rechtlich Liegenschaften des Freistaates sind, an die Studierendenwerke, z.B. zum Betrieb von Mensen für die Hochschulangehörigen, wäre nicht mehr sichergestellt. Die Studierendenwerke stellen mit ihren Mensen, Wohnheimen und Servicestellen einen starken und geschätzten Sozialpartner für die Studierenden dar, der nicht durch private Unternehmen verdrängt werden darf. Die Gewährleistung einer bezahlbaren sozialen Infrastruktur soll in bewährter Weise durch die Studierendenwerke des Freistaats erfolgen. Diese müssen dringend durch einen sogenannten Betrauungsakt mit den entsprechenden Aufgaben explizit befasst werden, damit keine beihilfe- und umsatzsteuerrechtlichen Auslegungen die erforderliche Gemeinnützigkeit gefährden.

Auch im Kontext eines Globalbudgets und unabhängig von der Rechtsform der Hochschulen muss es analog zu den aktuellen Studienzuschüssen ein zweckgebundenes, an der Anzahl der Studierenden orientiertes Budget zur Verbesserung von Studium und Lehre geben, über dessen Verwendung die Studierenden paritätisch mitentscheiden.

Während einige Hochschulleitungen die Entlassung aus der Staatsstruktur fordern, um durch Instrumente wie den Globalhaushalt und der Bauherreneigenschaft eine größere Autonomie der Hochschulen zu erlangen, wird bei genauerem Hinsehen deutlich, dass diese Forderungen nur kommunikationsstrategisch verknüpft werden, aber nicht kausal zusammenhängen. Die Schaffung eines Globalhaushalts, den sich viele Hochschulen zur strategischen Bewirtschaftung ihrer Mittel wünschen, ist auch jetzt schon möglich, wie am Beispiel der TU München und der Hochschule München ersichtlich wird. Weder das Globalbudget noch die Übertragung der Bauherreneigenschaft an die Hochschulen setzen einen Verlust der Staatsstruktur der Hochschulen voraus. Stattdessen sind hier perspektivisch schlechte Arbeitsbedingungen an den Hochschulen, eine große Unsicherheit bei den Beschäftigten, juristische Komplikationen sowie ein langwieriger ressourcenaufwändiger Transformationsprozess – die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen haben knapp zehn Jahre gebraucht, um diese Umstellung zu bewältigen – zu erwarten. Insgesamt überwiegen die Nachteile des Verlusts der Staatsstruktur in unseren Augen deutlich die vermeintlichen Vorteile.

Karrierewege für den Mittelbau

Neben der Professur ergeben sich an den Hochschulen immer mehr Tätigkeitsfelder mit komplexen Anforderungen und entsprechendem Personalbedarf. Von der Koordination der Studiengänge, über die Anerkennung von Prüfungsleistungen, bis hin zur Fachstudienberatung werden diese für den Studienbetrieb essenziellen Tätigkeiten fast ausschließlich von den wissenschaftlichen MitarbeiterInnen ausgeübt. Hiermit leisten diese neben ihren eigenständigen wissenschaftlichen Tätigkeiten auch einen unerlässlichen Beitrag zum Wissenschaftsmanagement der Hochschulen. Diese Aufgaben sind dauerhaft angelegt, erfordern Erfahrung und spezielle Kompetenzen in der Ausübung und sollten daher in entfristeten Arbeitsverhältnissen stattfinden. Es muss die Maxime gelten: Dauerstellen für Daueraufgaben. Die Verstetigung von über 1200 Stellen mit einem kw-Vermerk, die im Haushalt mit einem festen Ablaufdatum gekennzeichnet waren, ist vor diesem Hintergrund ein überaus positives Signal und sollte als eigener Anspruch des Hochschulsystems für eine grundsätzliche Entfristungsstrategie verstanden werden.

Ohne den wissenschaftlichen Mittelbau kann der Bedarf an Lehre an den bayerischen Hochschulen nicht annähernd gedeckt werden. Nach den Daten der Begleitstudie B7 des Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 leistet der Mittelbau 77% aller Lehrstunden (BUWIN 2017). Abseits dieser bereits beeindruckend hohen Zahl sind es auch häufig die Dozierenden des akademischen Mittelbaus, die neue und innovative Lehrkonzepte entwickeln und sich die Chancen der Digitalisierung zunutze machen. Ihr Engagement, meistens über die vertraglichen Verpflichtungen hinaus, sorgt für die stetige Weiterentwicklung der Lehre und verwirklicht den bayerischen Anspruch der Lehrexzellenz an den Hochschulen. Obwohl Studien dazu weitgehend fehlen, gehen wir davon aus, dass sich der wissenschaftliche Output des Mittelbaus in ähnlicher Höhe wie ihr substantieller Beitrag zur Lehre bewegt. Als Entwicklung der letzten Jahrzehnte betreiben inzwischen viele erfahrene wissenschaftliche MitarbeiterInnen faktisch selbständige Forschung, werben erfolgreich und eigenverantwortlich Drittmittel ein und qualifizieren selbst wissenschaftlichen Nachwuchs. In unserem Verständnis muss daher der akademische Mittelbau auch als Träger der Wissenschaftsfreiheit juristisch anerkannt werden.

Daher muss es für alle wissenschaftlichen MitarbeiterInnen verlässliche Karrierewege geben. Zusätzlich zu den bereits etablierten Pfaden der Juniorprofessur sowie der Tenure-Track-Professur sollen mit der aktuellen Novelle neue Wege zur Professur, wie die Nachwuchsgruppenleitung oder die HAW-Nachwuchsprofessur, verwirklicht werden, die wir ausdrücklich begrüßen. Um aus dieser Vielfalt den persönlich passenden Karriereweg wählen zu können, müssen die MitarbeiterInnen auf eigene Beratungsangebote der Hochschulen zurückgreifen können. Die Gründung von Karrierezentren zur frühzeitigen Beratung, Talenterkennung und -förderung innerhalb der Hochschulen, die im Rahmen der Hochschulgesetzesnovelle geplant ist, kann hier wertvolle Dienste leisten. Die schrittweise Übernahme von Verantwortung mit Aufstiegsmöglichkeiten bei bewährten Personen – auch ohne die Hochschulen wechseln zu müssen – schafft Perspektiven und zusätzliche Motivation. Die Regel ist immer noch der vielfache Wechsel zwischen Hochschulen bis zur Entfristung – meist erst im fünften Lebensjahrzehnt. Das ist partnerschafts- und familienfeindlich und lässt viele begabte Personen die Hochschullandschaft verlassen.

Auch für die MitarbeiterInnen, die keine Professur anstreben und stattdessen in anderen Bereichen, z.B. des Wissenschaftsmanagements oder der Drittmitteleinwerbung, wertvolle Arbeiten leisten, muss eine verlässliche Personalplanung geboten werden. Die Hochschulen tragen aber ebenfalls eine Verantwortung für ihre MitarbeiterInnen, die perspektivisch die Hochschule verlassen, sei es aus freien Stücken oder aus einem Mangel an entfristeten Stellen. Gerade hier gilt es in einem sozialen Verständnis der Hochschule als Arbeitgeber die Personen bereits in frühen Stadien bestmöglich in Bezug auf ihren weiteren Karriereweg in Wirtschaft und Gesellschaft zu beraten und Perspektiven aufzuzeigen.

Unternehmerische Hochschule – Chancen und Risiken

Zusammenarbeit mit der Wirtschaft

Ein Ziel der Hochschulrechtsreform ist es, die Kooperation zwischen Hochschulen und der Wirtschaft im Sinne eines Wissens- und Technologietransfers zu stärken und die Hochschulen stärker für unternehmerisches Denken und Handeln zu öffnen. Schon jetzt spielt an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften und Technischen Hochschulen die Kooperation mit der Wirtschaft eine bedeutende Rolle. Egal ob es um Duales Studium, das Praxissemester oder gemeinsame Projekte und Abschlussarbeiten geht, für Studierende dieser Hochschultypen sind der Praxisbezug und die Nähe zur Wirtschaft ein wichtiger Bestandteil ihres Studiums. Auch die externen Lehrbeauftragten aus den bayerischen Unternehmen tragen einen großen Teil dazu bei, in diversen Modulen und Fachrichtungen ihr Praxiswissen an die Studierenden heranzutragen und sie für den Übergang in die Berufswelt zu sensibilisieren.

Allerdings ist deutlich vor einer pauschalen und undifferenzierten Ökonomisierung des gesamten Hochschulbereichs sowie einer einseitigen Output-Orientierung zu warnen. Während eine Steuerung nach Output-Kriterien ein Merkmal eines effizienten und zielgerichteten Hochschulmanagements sein kann, darf Wissenschaft niemals ausschließlich einer Verwertungslogik unterworfen werden, sondern muss stets unter dem Schutz des Ideals der zweckfreien Erkenntnis stehen.

Transfer darf dabei nicht auf Unternehmensgründungen im MINT-Bereich eingeengt werden. Beispielhaft seien hier geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer wie die Politikwissenschaft genannt. Deren Erkenntnisse sind oft nicht unmittelbar wirtschaftlich verwertbar, tragen aber ganz essentiell zu unserer Gesellschaft und Demokratie bei. Geistes- und sozialwissenschaftliche sowie künstlerische Fächer aber auch Disziplinen wie die theoretische Mathematik haben einen intrinsisch hohen und langfristigen Wert und dürfen auf keinen Fall unter einem Bestreben zur kurzfristigen Gewinnmaximierung leiden. Ähnlich geht es mit dem Lehramt: Ein minderwertiges Studium im Lehramt zieht wiederum eine minderwertige Ausbildung in den Schulen nach sich. Gute LehrerInnenausbildung hingegen sorgt mittel- und langfristig für immense wirtschaftliche Fortschritte und führt auch zu mehr Innovation in anderen Bereichen. Eine Entwicklung, die zur Schwächung dieser Bereiche aufgrund einer zu starken wirtschaftlichen Ausrichtung der Hochschulen führt, wäre hier hochproblematisch. Dass die Abschaffung aller geistes- und sozialwissenschaftlichen sowie künstlerischen Studiengänge nicht zur Debatte steht, ist uns natürlich bewusst. Dennoch müssen diese gleichgestellt mit den anderen Fächern behandelt und demnach ebenso geschützt und gefördert werden.

Gemäß Artikel 3 der Bayerischen Verfassung ist Bayern Rechts-, Sozial- und auch Kulturstaat. Kultur und damit einhergehend Bildung und Forschung darf sich nicht allein oder auch nur vorrangig an unternehmerischen Gesichtspunkten orientieren. Hier müssen klare Grenzen gesetzt werden. Gerade für die Gewinnung von Spitzenleuten ist die Eigenverantwortlichkeit in Forschung und Lehre oft ein wesentliches Argument. Der wirtschaftliche Mehrwert einzelner Fächer kann nicht der alleinige Faktor für den Erhalt von Studiengängen und Fachdisziplinen sein. Das Eckpunktepapier stellt dies richtigerweise fest und spricht im breiten Sinne vom sozialen, technologischen, ökonomischen, ökologischen und kreativen Mehrwert der Hochschulen für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Abseits der Generierung von Mehrwert ist die Wissenschaft unabhängig vom Fachgebiet aber auch immer sich selbst verpflichtet und auch im neuen Hochschulgesetz muss sich das Ideal der zweckfreien Erkenntnis deutlich niederschlagen.

Bei der konkreten Umsetzung einer stärkeren unternehmerischen Ausrichtung der Hochschulen ist eine grundsätzliche Differenzierung angebracht: Zum einen in die strukturelle unternehmerische Betätigung der Hochschule, zum anderen in das unternehmerische Denken und Handeln der Hochschulmitglieder. In den bayerischen Hochschulen entstehen viele innovative Ideen und Konzepte. Es ist nur verständlich, dass die Köpfe hinter diesen daran interessiert sind diese in der Praxis umzusetzen. Unternehmensgründungen, Start-Ups und Social Entrepreneurship von Hochschulangehörigen oder Alumni sind eine mögliche Folge und begrüßenswert.

Start-Ups und personenbezogene Ausgründungen

Engagierte Hochschulangehörige und Alumni sollten dabei möglichst unbürokratisch unterstützt werden. Das kann z.B. durch erleichterte Nebentätigkeitsregelungen oder Gründungsfreisemester geschehen. Diese Instrumente der Gründungsförderung sollen für ProfessorInnen und Mittelbau gelten. Um Wildwuchs und Missbrauch zu verhindern, aber auch um die Vereinbarkeit mit dem Beamtenstatus zu gewährleisten, sollen diese Prozesse durch klare Regeln und Verantwortlichkeiten begleitet werden. Gerade angesichts der besonderen Abhängigkeitsverhältnisse der Studierenden sowie des Mittelbaus muss hier ein besonderes Augenmerk auf die Umsetzung der Start-Ups und die Bedingungen der Einbindung von Hochschulangehörigen gelegt werden. Um mögliche Interessenkonflikte zwischen der Verantwortung der Hochschulen gegenüber dem Staat und der wirtschaftlichen Betätigung der Einzelperson auszugleichen, muss ein Ombudsgremium analog zum Gremium zur Kontrolle wissenschaftlichen Fehlverhaltens mit internem und externem Sachverstand geschaffen werden. Dieses Gremium soll Gefahren, aber auch Chancen unternehmerischer Betätigung bewerten, über den öffentlichen Ressourceneinsatz beraten und bei Interessenkonflikten zur Lösungsfindung beitragen. Für die Hochschulleitung kann dieses innovative Gremium wertvolle Entscheidungshilfe leisten und Entlastung sein.

Unternehmerische Betätigung der Hochschule

Kritisch sehen wir die unternehmerische Betätigung von Hochschulen als juristische Personen. Um sich unternehmerisch zu betätigen, bräuchten sie entsprechendes professionelles Personal in geeigneten Strukturen. Eine unternehmerische Tätigkeit gehört nach unserem Verständnis nicht zu den Kernaufgaben der Hochschulen, sondern führt vielmehr vom ihrem Wesenskern, Forschung und Lehre, weg und widerspricht somit dem Schutz des Ideals der zweckfreien Erkenntnis. Dies würde ansonsten die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft massiv und dauerhaft beschädigen. Völlig offen ist dabei auch die Haftungsfrage bei Misserfolg. Große Sorge bereitet uns dabei die in manchen Bereichen der freien Wirtschaft grassierende Unart, Tätigkeiten an Subunternehmen mit prekären Bedingungen auszugliedern. Beispielhaft wäre es als „Unternehmen Hochschule” möglich, Tarifverträge durch Werkverträge für grundständige Lehre, Doktorarbeiten oder Forschungstätigkeiten zu ersetzen. Dies darf im Hochschulbereich mit seinen sowieso schon extremen Abhängigkeitsverhältnissen nicht passieren. Die bayerischen Hochschulen müssen hier ihrer Vorbildfunktion und Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern bewusst werden, und nicht selbst zur Ausbildung prekärer Beschäftigungsverhältnisse beitragen.

Unternehmerisches Denken in den Hochschulen birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Klare Zuständigkeiten, zielorientiertes, konstruktives Handeln in Gremien und Übernahme von Verantwortung sind Forderungen, die wir nachdrücklich unterstützen. Gute, sachdienliche und damit zielführende Entscheidungen in diesen Prozessen können aber nur dann getroffen werden, wenn die Expertise der Beteiligten einfließen kann – und nicht nur auf Top-Down-Konzepte gesetzt wird. Nur so schafft man Akzeptanz und sichert die Motivation und Kreativität der Hochschulangehörigen. Diese Beteiligung wird bei kreativen, innovativen Unternehmen seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert.

Exzellenz in Forschung und Lehre

Exzellenz in der Lehre sichert wesentlich die Qualität des Studiums und damit die Attraktivität des Hochschulstandortes Bayern. Eine herausragende Ausbildung ist aber nicht nur ein Kennzeichen der Wissenschaftslandschaft, sondern erzeugt auch direkten Mehrwert für die Gesellschaft und Wirtschaft in Bayern. Um die Hochschule als wertvollen Ausbildungsort zu erhalten, muss die Lehre wieder stärker in den Fokus gerückt und die neuen Anforderungen und Möglichkeiten der digitalen Lehre bedacht und entsprechend finanziert werden. Dieser hohe Selbstanspruch ist universell zu denken und bezieht sich auf Universitäten, Hochschulen für angewandte Wissenschaften ebenso wie auf die Kunst- und Musikhochschulen im Freistaat Bayern. Mit einem Startschuss in ein neues Lehrzeitalter lassen sich all diese Ansprüche verwirklichen.

Lehrverpflichtungsverordnung und globales Lehrdeputat

In der bisherigen Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV) finden die Chancen der Digitalisierung sowie die digitale Lehrerbringung so gut wie keinen Anklang. Gerade um teil- oder volldigitalisierte Lehrformate adäquat zu berücksichtigen, ist eine grundlegende Überarbeitung der LUFV unumgänglich. Während die aktuelle LUFV die Verteilung und Anrechnung der Lehre stundengenau und Lehrformat-spezifisch für alle bayerischen Dozierenden exakt festschreibt, soll in Zukunft ein globales Lehrdeputat mit flexiblen Regelungen an den Hochschulen eingeführt werden. Wir hoffen, dass hierdurch die Hochschulen nicht nur in ihrer Lehrautonomie gestärkt werden, sondern auch ein Umfeld für die Ausarbeitung und Anerkennung von Innovationen in der Lehre geschaffen wird.

In Zukunft können die Hochschulen eigenverantwortlich entscheiden, wie sie ihr globales Lehrdeputat, das sich aus der Anzahl der MitarbeiterInnen sowie der betreuten Studiengänge ergibt, auf ihre Dozierenden verteilen. Diese neue Flexibilität schafft Freiräume, um Dozierende, die vorübergehend besondere Aufgaben erfüllen, zeitlich zu entlasten. Dies setzt selbstverständlich auch Personen voraus, die temporär eine erhöhte Lehrverpflichtung übernehmen. Im Sinne des Solidarprinzips muss dabei sichergestellt werden, dass diese Freiheit allen Hochschulmitgliedern offensteht und nicht zu einer einseitigen Entlastung Einzelner missbraucht wird. Hier sehen wir bei einer völligen Freigabe des Lehrdeputats im Detail erhebliche Umsetzungsprobleme, die wir mit Sorge betrachten. Um sie zu lösen oder zumindest abzumildern, soll die Verlagerung von Lehrdeputaten in der Regel nur innerhalb der Statusgruppen sowie Fakultäten oder Fächer stattfinden und nicht querschnittsartig verrechnet werden. Die Verteilung darf daher keinesfalls in einem Top-Down-Prozess hierarchisch über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden, sondern muss innerhalb der Hochschulfamilie erarbeitet werden. Hierzu fordern wir die Schaffung einer Lehrverteilungskommission („Teaching Distribution Council”), in der sich alle beteiligten Statusgruppen – ProfessorInnen, Mittelbau und Studierende – einbringen. Um etwaige Zielkonflikte zwischen der Professorenschaft und dem akademischen Mittelbau hinsichtlich der Verteilung der Lehre vorzubeugen, müssen entsprechende Schutzmechanismen etabliert werden. Eine großflächige Abwälzung von Lehre nach dem abwertenden Motto „Lehre? Das Machen andere!” darf nicht passieren. Deshalb erachten wir es als geboten, dass dieses Gremium paritätisch arbeitet. Auch die gleichberechtigte Einbindung der Studierenden in diesen Prozess erachten wir als bereichernd, da diese eine aktive Rolle in der Verteilung und Gewichtung der Lehrformate einnehmen sollen. Des Weiteren darf die flexible Zuteilung der Lehrdeputate nicht missbraucht werden, um einzelne Dozierende dauerhaft von ihrer Lehrverpflichtung freizustellen. Es darf nicht sein, dass Forschende ohne Lehre ihren Erkenntnisgewinn nicht an die Studierenden weitergeben und Lehrende ohne Forschung ihre Lehrinhalte wegen fehlendem Erkenntnisgewinn nicht inhaltlich verbessern können. Eine solche dauerhafte Befreiung lehnen wir nach dem Humboldt’schen Bildungsideal als nicht dem Wesen der Hochschulen entsprechend ab.

Berufungsverfahren

Exzellenz in der Forschung ist eine zentrale Aufgabe der Universitäten wie auch zunehmend der Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Ein wesentliches Instrument ist die Gewinnung und Förderung „heller Köpfe”. Die bayerische Hochschullandschaft muss für TalentträgerInnen im In- und Ausland attraktiv sein und diese gezielt fördern.

Hierzu müssen Berufungsverfahren zügig und dynamisch ablaufen, ohne aber gleichzeitig an Qualität einzubüßen. Ein nachvollziehbares, transparentes Vorgehen und damit klare Regeln sind unverzichtbar. Besonderes Augenmerk muss auch darauf gelegt werden, bisher unterrepräsentierte Gruppen, wie qualifizierte Frauen und Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, gezielt zu fördern und bei gleicher Qualifikation bevorzugt zu berücksichtigen.

Während auf rechtlicher Ebene die Kernaufgaben der Hochschulen in Forschung und Lehre auf Augenhöhe definiert sind, zeigt sich bei Berufungsverfahren in der Praxis, dass diese alles andere als gleichrangig bewertet werden. ProfessorInnen werden primär aufgrund ihrer Forschungsleistung und nur sekundär aufgrund ihrer Lehraktivität berufen. Wir setzen uns daher für eine stärkere Gewichtung der Lehre ebenso wie bisheriger Erfahrungen der BewerberInnen in Managementaufgaben und Personalführung bei den Berufungsentscheidungen ein. Dies würde auch ein starkes Signal an alle engagierten Dozierenden senden, die Lehre nicht nur als Pflichtaufgabe, sondern als leidenschaftliche Berufung sehen.

Die Beteiligung aller Statusgruppen an den Berufungsverfahren stellt in diesem Prozess sowohl die nötige demokratische Legitimation als auch die Qualität der getroffenen Berufungsentscheidungen durch Einbindung verschiedener Perspektiven sicher. Proaktive Verfahren können ein geeignetes Mittel sein, um SpitzenforscherInnen zu gewinnen. Um Transparenz sicherzustellen und dem Grundsatz der Bestenauswahl nach Artikel 33 des Grundgesetzes gerecht zu werden, müssen diese aber im Gesamtumfang begrenzt sein.

Gebührenerhebungsmöglichkeiten

Studieren darf keine Frage der finanziellen Lage, der Herkunft oder des sozialen Umfelds sein. Dies ist nicht zuletzt eine grundlegende Frage der Bildungsgerechtigkeit. Auch heutige SpitzenforscherInnen und Führungskräfte in der Wirtschaft sind nicht vom Himmel gefallen. Sie haben zu Beginn ihrer Karriere ein Studium absolviert, mit welchem sie sich identifizieren können und das ihnen Freude bereitete. Seit dem Volksbegehren im Jahr 2013 müssen die bayerischen Studierenden keine pauschalen Studienbeiträge mehr zahlen. Diese gesellschaftliche Errungenschaft muss auf jeden Fall erhalten bleiben. Im Kontrast hierzu sollen jedoch im Rahmen der Novellierung des Bayerischen Hochschulgesetzes den Hochschulen umfangreiche Gebührenerhebungsmöglichkeiten eingeräumt werden, die unter anderem auch für Studiengebühren für Nicht-EU-AusländerInnen genutzt werden können. Diese undifferenzierte Möglichkeit zur Gebührenerhebung, die in die Autonomie der Hochschulen gegeben werden soll, darf keinesfalls als Einfallstor für eine schleichende Wiedereinführung von Studiengebühren genutzt werden. Studiengebühren – egal ob für deutsche oder internationale Studierende – verschärfen die sozioökonomische Selektivität des Bildungssystems und sind damit aus Gründen der Bildungsgerechtigkeit abzulehnen. Die Entscheidung gegen Studiengebühren bildet einen gesellschaftlichen Konsens zu unserem Bildungssystem ab, der zuletzt durch das Volksbegehren 2013 deutlich unterstrichen wurde. Wir halten es daher für verfehlt, diese Entscheidung an die Hochschulen zu delegieren, damit diese autonom Gebühren einführen oder abschaffen können. Aufgrund ökonomischer Zwänge und mangelnder Grundfinanzierung stehen die Hochschulen unter dem latenten Druck, sich durch Studiengebühren neue Einnahmequellen zu erschließen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird dies zu einer Vervielfachung von Gebühren und nicht zu deren Reduzierung führen.

Die bayerische Hochschullandschaft ist zurecht stolz auf ihr internationales Profil – im Jahr 2020 kamen 14,7% der Studierenden aus dem Ausland (Bildungsklick 2020) – sowie die Diversität und den Herkunftspluralismus ihrer Hochschulmitglieder. Dies sehen wir durch die Einführung von Studiengebühren, gerade für die anvisierte Zielgruppe, als massiv gefährdet. Es besteht die Gefahr, dass die bayerischen Hochschulen durch die kontraindizierte Einführung von Studiengebühren für Nicht-EU-AusländerInnen im Streben um die besten Köpfe und Talente zurückfallen. In den vergangenen Jahren wurden z.B. in Baden-Württemberg durch eben dieses Modell Studiengebühren in Höhe von 1500€ pro Semester für Nicht-EU-AusländerInnen erhoben. Während der Großteil dieser Gebühren, etwa 1200€, durch die damit an den Hochschulen nötig gewordene Verwaltung und Administration des Gebühreneinzugs wieder verloren gingen, ist hierdurch auch der Anteil internationaler Studierender signifikant zurückgegangen (um 26% von WiSe 16/17 auf WiSe 17/18 [DSW 2017]).

Wir fordern das Wissenschaftsministerium auf, im Hochschulgesetz unmissverständlich klarzustellen, dass die Gebührenerhebungsmöglichkeit der Hochschulen nicht für pauschale Studiengebühren jeglicher Art (vor-, haupt- oder nachgelagerte Studiengebühren) verwendet werden dürfen und die angedachte Möglichkeit von Studiengebühren für Nicht-EU-AusländerInnen zu streichen. Gebühren für ein Weiterbildungsstudium oder Zertifikate, die sich an eine berufstätige Zielgruppe richten, sind hiervon ausgenommen.

Glaubwürdige Hochschule – nach innen und außen

Hochschulen im Dienste der Gesellschaft

Hochschulen genießen in der Gesellschaft eine besondere Stellung. Sie sind weiterhin anerkannt als Studiums- und Bildungsorte und schaffen wissenschaftliche und kulturelle Erkenntnisse, die der gesamten Gesellschaft zugutekommen. Hochschulen existieren daher nicht zum Selbstzweck, sondern stets mit der und für die Gesellschaft. Dass diese Rolle des Hineinwirkens in die Gesellschaft neben den ureigensten Aufgaben der Academia in Forschung und Lehre als dritte Säule unter dem Schlagwort „Transfer” im Aufgabenspektrum der Hochschulen verankert werden soll, begrüßen wir ausdrücklich. Auch in Zeiten einer stärker werdenden Polarisierung in politischen Debatten und dem Zunehmen gesellschaftlicher Fliehkräfte im demokratischen Diskurs war die Rolle der Hochschulen als Erzeuger und Vermittler gesicherten Wissens nie relevanter.

Um die besondere Glaubwürdigkeit der Hochschulen nach außen rechtfertigen zu können, sind wir der tiefen Überzeugung, dass die Hochschule zuallererst nach innen gegenüber ihren Mitgliedern glaubwürdig auftreten muss. Dies gelingt, indem alle Mitglieder in die Entscheidungsprozesse „auf Augenhöhe“ eingebunden und ernst genommen werden. Auch in Zeiten neuer Freiheiten durch die Ermöglichung von Organisationssatzungen darf nicht Hand an das etablierte Zusammenspiel der Gremien und die Beteiligung aller Statusgruppen an hochschulinternen Entscheidungen gelegt werden.

Auch der selbstkritische Umgang mit Drittmitteln sowie die Transparenz in der Einwerbung und Verwendung dieser Gelder ist essenziell für die Glaubwürdigkeit der Hochschulen in der Gesellschaft. Die LAK Bayern hat bereits 2019 die Einführung eines bayernweiten Transparenzregisters gefordert, in dem Drittmittelverträge und anderweitige Forschungs- und Lehrprojekte von Hochschulen mit Förderern aus der Privatwirtschaft in einem einheitlichen, elektronischen Verzeichnis erfasst und öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. Ausnahmen können bei Vertraulichkeitsklauseln möglich sein, deren Inhalte aber natürlich internen Kontrollorganen zugänglich sein müssen. Ein solches Transparenzregister stärkt die Unabhängigkeit der Forschung und wirkt möglichen Interessenkonflikten in der Wissenschaft entgegen. Die Reform des Hochschulgesetzes ist der richtige Zeitpunkt, um eine solche Regelung bayernweit verbindlich einzuführen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse dienen nicht nur sich selbst, sondern sind immer dann besonders nützlich, wenn sie für die Gesellschaft fruchtbar und sichtbar gemacht werden können. Am deutlichsten wird dies am anthropogenen Klimawandel, dessen Verständnis der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge maßgeblich auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Hochschulen und ihrer ForscherInnen basiert. Die wissenschaftliche Durchdringung des Themas darf dabei nur der erste Schritt sein, ebenso wichtig ist die Anwendung der gewonnen Erkenntnisse und Lösungsstrategien auf alle Akteure der Gesellschaft und damit auch die Hochschulen. Dies ist nicht zuletzt eine Frage ihrer eigenen Glaubwürdigkeit.

Nachhaltigkeitsziele und Klimaneutralität

Als Bildungseinrichtungen haben Hochschulen die Aufgabe, Menschen mit Wissen und Kompetenzen auszustatten, die es ihnen ermöglichen, eine Entwicklung mitzugestalten, die ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig ist. Wie die LAK Bayern bereits im Positionspapier „Nachhaltige Hochschule“ vom 16. Juni 2019 betonte, sind Hochschulen in der Verantwortung, diese Aufgabe in allen Bereichen – Lehre, Forschung, Betrieb, Governance und Transfer – zu integrieren. Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass dieser gesamtinstitutionelle Ansatz nun durch eine Gesetzesregelung festgeschrieben und der Katalog der Hochschulaufgaben um einen Programmsatz zur Nachhaltigkeit ergänzt werden soll.

Hochschulen sind die entscheidenden Impulsgeber, um eine gesamtgesellschaftliche Nachhaltigkeitstransformation zu erreichen. Daher bedarf es einer grundlegenden Ausrichtung aller Hochschulbereiche am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung. Dies kann nur dann gelingen, wenn die Leitungsgremien einer Hochschule mit einem eigenen Geschäftsbereich zur Verankerung von Nachhaltigkeit in Forschung und Lehre, in Governance-Strukturen und im Betrieb der Hochschule ausgestattet werden – so z.B. durch eine Stabsstelle für Nachhaltigkeit. Zudem braucht eine erfolgreiche Implementierung von Nachhaltigkeit auch ein strategisches Gesamtkonzept. Nachhaltigkeitsaspekte müssen daher in den Entwicklungsplänen der Hochschulen gesamtinstitutionell berücksichtigt werden bzw. Teil der Zielvereinbarungen mit dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst sein.

Der Freistaat Bayern hat sich zum Ziel gesetzt, seine unmittelbare Verwaltung bis spätestens 2030 klimaneutral zu gestalten (BayKlimaG 2020). Jedoch könnten sich Hochschulen durch die Umwandlung in reine Körperschaften dieser Verpflichtung entziehen und die staatlichen Klimaziele unterlaufen. Diese juristische Hintertür ist umweltpolitisch sowie gesellschaftlich unverantwortbar, untergräbt den Nachhaltigkeitsgedanken des Hochschulinnovationsgesetzes und muss durch eine explizite Zielvorgabe geschlossen werden. Unsere Hochschulen sind Zukunftswerkstätten einer nachhaltigen Gesellschaft und dürfen sich als solche ihrer Vorbildfunktion nicht entziehen. Im Sinne der Klimastrategie des Freistaates Bayern muss daher auch der Hochschulbetrieb bis 2030 klimaneutral werden. Für das Erreichen des Ziels muss das Vermeiden von Treibhausgasemissionen im Vordergrund stehen, nicht nur eine Kompensation durch Ausgleichsmaßnahmen. Hierzu sind Zielvereinbarungen, wie etwa Nettoemissionsziele, regelmäßig zu prüfen und ein entsprechender Hochschulreport zu veröffentlichen. Basierend auf den Ergebnissen erwarten wir, dass ein verbindliches Konzept zur Verbesserung der Klimabilanz erarbeitet wird.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz kommen eine hohe gesellschaftliche Relevanz zu. Sie erfordern jedoch auch Mittel zur Erreichung dieser ambitionierten Ziele. Eine signifikante Erhöhung der Grundfinanzierung ist daher Grundvoraussetzung für das Gelingen der neuen Hochschulaufgaben. Die zusätzlichen Gelder müssen zweckgebunden, insbesondere vor dem Kontext eines Globalhaushaltes, zugewiesen werden, damit sie nicht zur Querfinanzierung für andere Bereiche zweckentfremdet werden können. Als Positivreferenz möchten wir hier die „Hochschulfinanzierungsvereinbarung Baden-Württemberg 2021-2025“ nennen. Gemäß der Vereinbarung haben sich die Hochschulen u.a. verpflichtet, verbindliche Ziele sowie Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu entwickeln. Im Gegenzug verbessert die Landesregierung die Grundfinanzierung und erhöht die Planungssicherheit für die Hochschulen.

Ein Hochschulgesetz für alle

Die grundlegende Reform eines Gesetzes bietet immer Chancen und Risiken zugleich. Wir sind der Überzeugung, dass ein gutes Hochschulgesetz sowohl verlässliche Qualitätsstandards für alle Hochschulen als auch die nötigen Freiräume für die strategische Hochschulentwicklung vor Ort enthält. Um dies sicherzustellen, zeichnet es sich schon in der Entstehung durch einen partizipativen Beteiligungsprozess aus, der die allzu selektive Berücksichtigung einzelner Interessen unterbindet. Die Anliegen der Studierenden sowie des akademischen Mittelbaus – Demokratisierung, Gremieneinbindung, Exzellenz in der Lehre, Karrierewege für Dozierende und Nachhaltigkeitsziele – müssen ernst genommen werden und sich in der Reform deutlich widerspiegeln. Nur so erhalten die Mitglieder der Hochschulen ein Hochschulgesetz, mit dem sie sich identifizieren können. Lassen Sie uns gemeinsam Agilität und Fortschritt neu denken und die Demokratie und Glaubwürdigkeit der Hochschulen erhalten.

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